Gespräch unter Freundinnen
Thüringische Landeszeitung 07.06.2021
Im Mikrokosmos der Quartette ist ein 30 Jahre währendes Miteinander, zumal in der Gründungsbesetzung, etwas besonders Wertvolles, lang Gereiftes, zutiefst Vertrautes. Und so hätte das Klenke Quartett in seinem Jubiläumskonzert am Samstag im Weimarer Musikgymnasium Schloss Belvedere vermutlich auch mit verbundenen Augen noch Großes geleistet.
Das endlich wieder präsente Publikum saß im ovalen „Circus Maximus“ halb unterm Saaldach, halb im Freien – und freute sich über das leidenschaftliche, mit höchster Intensität gestrichene Festprogramm der Musikerinnen.
Annegret Klenke und Beate Hartmann (Violinen), Yvonne Uhlemann (Viola) und Ruth Kaltenhäuser brachten zu Beginn die Quartett-Miniaturen Erwin Schulhoffs aus den „Roaring Twenties“ gekonnt und charaktervoll zum Tanzen: frisch und forsch im Wieder Walzertakt, mysteriös und bohrend in der Serenata, molltönig mit Anklängen an Carmens Habanera im Tange milonga und schließlich wie im Hummelflug durch die Tarantella.
Darauf folgte eine Zeitreise zum Vater des klassischen Streichquartetts, Joseph Haydn, und seinem späten Opus in G-Dur op. 77 Nr. 1. Die Klenkes präsentierten das galante, abgeklärte Werk wie ein Gespräch unter Freundinnen. Technisch versiert preschten sie durch die anspruchsvollen Läufe des Allegro moderato und kosteten die effektvollen Dur-Moll-Wechsel volltönend aus. Im strömenden Adagio überspielte die Lyrik das Pathos, derweil das Quartett sich in lupenreiner Intonation anrührend verzahnte.
Beherzt und lustvoll bis in höchste Lagen wurde dann das von Beethoven inspirierte Menuett gestrichen, bevor das virtuose Finale erlesene Phrasierungskunst offenbarte.
Tief in den Brunnen der Romantik tauchten die Jubilarinnen schließlich noch mit Peter Tschaikowskys Streichsextett „Souvenir de Florence“, verstärkt um zwei ehemalige Mitglieder des Cherubini Quartetts, Harald Schoneweg (Viola) und Klaus Kämper (Violoncello). Das Sextett erzeugt dabei ein Klangvolumen als schwelgte ein kleines Orchester in Tschaikowskys Streicherserenade. Eher slawische Melancholie als Italianità prägte die vier Sätze, die ihren verträumten Höhepunkt im Adagio fanden. Hier traten Primaria Annegret Klenke und Cellistin Ruth Kaltenhäuser in einen melodietrunkenen Dialog, der das Publikum für Augenblicke aus Zeit und Raum entrückte.
Nach dem verdienten Schlussapplaus sang das eigens aus Leipzig angereiste Ensemble Amarcord noch ein A-Cappella-Geburtstagschanson. Ad multos annos!
Jan Kreißig
TLZ 07.06.2021